Geschichte
Wiesenau war über Jahrhunderte Zentrum der Zeidlerzunft. Bereits 1893 berichtete die „Bienen-Zeitung“ von der Zeidlerkirmes, welche im Juni traditionell gefeiert wurde. Ihre Entstehung verdankte sie den Bienenzüchtern. Die Imker oder Zeidler hatten vor der Separation das Recht, auf den Wiesen in der Oderaue bei Krebsjauche Imkerei zu betreiben. Auf dem Gebiet des Klosterdorfes bildeten die Besitzer eine eigene Zeidlergesellschaft unter einem bei der Reichskanzlei verpflichteten Vorsteher oder Starosten. Der Starost und die Ältesten dieser Compagnie hatten bei Streitigkeiten, welche die Zeidlergesellschaft betrafen, das Recht, ein Urteil zu fällen. Ließ sich der Streit damit nicht beilegen, wurde durch die Stiftskanzlei entschieden.
Der Zeidelcompagnie von Krebsjauche gehörten 70 Mitglieder an, darunter Adlige, Bürgerliche und Dorfbewohner aus dem Brandenburgischen. Am Johannistage versammelten sich die Zeidler von Krebsjauche, Aurith, Ziltendorf, Brieskow, Lossow und Schernsdorf in einer dazu bestimmten Scheune. Der Pfarrer von Lossow hielt einen Gottesdienst, ein Schmaus folgte, diesen gab der Starost; den Trunk bezahlte jeder für sich. Jährlich, an jedem Sonntag nach Johanni, kamen die Zeidler des Ortes und der umliegenden Ortschaften erneut in Krebsjauche zusammen und verkauften an Händler den gezeidelten Honig und das gewonnene Bienenwachs. Nach dem Schluss des Marktes fand ein festliches Gelage statt, an das sich Spiel und Tanz anschlossen, ohne die Polizeistunde einhalten zu müssen.
Am 1. Mai 1903 wurde der Eisenbahnhaltepunkt in Krebsjauche an der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn für den Personen- und Gepäckverkehr eröffnet. Eine Windmühle wurde errichtet, die Getreide mahlte und in den ersten Jahrzehnten des 20.Jahrhunderts
elektrischen Strom erzeugte. Bis 1919 war Wiesenau unter dem Namen Krebsjauche bekannt, im Juli 1919 wurde der Ort durch die Bezirksregierung in Frankfurt (Oder) mit voller Zustimmung der Bevölkerung in Wiesenau umbenannt.
Der etwa 5 km entfernte Ortsteil Kunitzer Loose, gelegen in den Oderauen, war bis 1945 zum Dorf Kunitz am anderen Oderufer (heute Polen, Kunice) zugehörig. In den Jahren 1947/1948 wurde etwa 7 km außerhalb des Ortes das Gut „VEG Ziltendorf“ angelegt, es gehörte als Ortsteil zu Wiesenau.
An der Stelle, an welcher auf der Bohrdt-Karte der Dorfkrug eingetragen ist (urkundlich bereits 1502) befand sich die Gaststätte „Otto Ziche“. 1939 stockte man dieses Haus auf als Schule für die Kinder der 1. bis 8. Klasse. Heute befindet sich im Bürgerhaus „Alte Schule“ der Jugendclub, die Heimatstube des Ortes, der Jugend- und Theatercircus Fantadu und der Wiesenauer Fastnachtsclub.
Wiesenau gehörte seit 1817 zum Kreis Guben in der Provinz Brandenburg und ab 1952 zum Kreis Eisenhüttenstadt-Land im DDR-Bezirk Frankfurt (Oder). Seit 1993 liegt die Gemeinde im brandenburgischen Landkreis Oder-Spree.
Die Evangelische Kirche im Zentrum des Ortes wurde nach dem II. Weltkrieg wiedererbaut und ist heute Bestandteil des Pfarrsprengels Brieskow-Finkenheerd - Ziltendorf. Auf dem Kirchhof befindet sich ein Gedenkstein, der an das Oderhochwasser 1997 erinnert und eine Anlage, die den Opfern der beiden Weltkriege und den Opfern von Kriegsfolgen, Willkür und Gewalt gewidmet ist. Die Kirchengemeinde bewirtschaftet den örtlichen Friedhof.
Die Gemarkung Wiesenau wird überwiegend durch die Landwirtschaft geprägt. Die Bauerngesellschaft betreibt drei Biogasanlagen und eine größere Solarstromanlage. Im Ort sind eine Fleischerei, eine Gärtnerei, ein Lebensmittelhandel, ein Nettomarkt und ein Getränkehandel ansässig. Ein Hotel und zwei Gasthöfe mit Pensionen, sowie zwei weitere Gaststätten, eine Wäscherei, eine Physiotherapie, ein Pflegeheim für betreutes Wohnen sowie ein Kosmetik- bzw. Frisiersalons runden das Versorgungs- und Dienstleistungsangebot ab. Neben einer Steuerberatungsgesellschaft sind auch eine Allgemeinmedizinerin, ein Zahnarzt und ein Tierarzt hier niedergelassen.
Wappen
Das Wappen der Gemeinde zeigt in Gold eine gestürzte grüne Spitze, darin ein goldener Krebs, begleitet von zwei schwarzen Sensenklingen.
Namensdeutung Krebsjauche
Das Dorf „zcu der Krebisguche“ wurde 1368 erstmals urkundlich erwähnt. In späteren Zeiten findet sich auch „Krebslauche“ oder „Krebsgauche“, eine Ableitung des sorbischen Juche = Brühe, Suppe.
Der Volksmund weiß dazu eine andere Geschichte:
„Einst trafen Fuchs und Krebs zusammen, die wetteten miteinander, wer am schnellsten laufen könne. Da machten sich Beide auf, und der Fuchs, der doch seiner Sache gewiss war, ging ganz langsam voraus. Der Krebs aber kniff sich ganz leise, ohne dass es der Fuchs merkte, in die Haare der Rute desselben, und ließ sich auf solche Weise nachschleifen. Wie sie nun dicht am Ziel waren, kroch der Krebs tiefer in die Haare hinein und kniff den Fuchs mit den Scheren so an der Rute, dass dieser wütend mit ihr um sich schlug, wobei der Krebs den richtigen Augenblick wahrnahm, losließ und so mit aller Macht ans Ziel geschleudert wurde. Da rief er voller Freuden: ‚Krebsjuchhe!‘ und als nachmals an dieser Stelle ein Dorf gebaut wurde, nannte man es zum Andenken an die List des Krebses ‚Krebsjuchhe‘, woraus später der jetzige Name entstanden ist.“
– FRIEDRICH NORK: MYTHOLOGIE DER VOLKSSAGEN UND VOLKSMÄRCHEN, STUTTGART 1848, VERLAG DER HERAUSGEBERS, LEIPZIG EXPEDITION DES KLOSTERS, S. 1025F